Es gibt eine nahezu unübersichtliche Flut guter sowie schlechter Bücher über Rhetorik, Konfliktmanagement und Stimmbildung. Diese Masse möchten wir mit dieser Rubrik ein wenig überschaubarer machen. Wir besprechen ausgesuchte Bücher unterschiedlicher Genres, so dass Sie neben einschlägiger Fachliteratur ebenfalls belletristische Werke entdecken können, wenn diese im weiteren Sinne einen Bogen zu unseren Fachgebieten schlagen.Selbstverständlich erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit - diese Rubrik soll im Laufe der Zeit vervollständigt werden. Für Anregungen von Ihrer Seite sind wir immer dankbar.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit unserer Auswahl!

Inhaltsverzeichnis:

  1. Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden. Band 1-3
  2. Bastian Sick, Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. Band 1-3
  3. Wolf Schneider, Deutsch für Profis
  4. Samy Molcho, Alles über Körpersprache
  5. François Lelord/Christophe André, Der ganz normale Wahnsinn
  6. Edith Prescott, Lehrbuch der Rhetorik
  7. Paul Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein
  8. Marshall Rosenberg, Konflikte lösen durch gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriel Seils


Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden. Band 1-3

Kommunikation ist wichtig. Aber wie können wir ohne Missverständnisse und daraus konsultierende Konflikte miteinander kommunizieren? Wie erkennen wir unseren eigenen Kommunikationsstil und den unserer Mitmenschen? Inwieweit bestimmt unser "Inneres Team" unser Handeln, unser Sprechen und damit verbunden unseren Aufbau der Persönlichkeit? DIese Fragen beantwortet der Psychologe und Kommunikationswissenschaftler Friedemann Schulz von Thun ausführlich.

Band 1 gilt zu Recht als eines der Standardwerke der Kommunikationswissen-schaft. Bekannt geworden ist besonders sein so genanntes "Vier Ohren-Modell", mit welchem er erklärt, dass ein Sprecher zu einem Sachinhalt noch vier weitere Seiten mitsendet, die der Gesprächspartner zunächst einmal erkennen und dann interpretieren muss. Dass Missverständnisse an der Tagesordnung sind, wird anhand vieler Beispiele mehr als verständlich.
Sehr angenehm ist, dass Schulz von Thun den Genderkonflikt außer Acht lässt und nicht auf der Welle der Frauen-Männer-Konflikte mitschwimmt, sondern sich sogar explizit dagegen ausspricht.
Band 2 fundiert auf der Erkenntnis, dass Menschen unterschiedlich miteinander reden und die Beziehung wie auch den potentiellen Konflikt unterschiedlich gestalten. Schulz von Thun analysiert jeden Stil hinsichtlich seiner Stärken, Schwächen, seiner Gefährdungen und seiner kommunikativen Eigenschaften ohne zu bewerten.
In Band 3 schließlich formuliert Schulz von Thun die Haupterkenntnis, dass der Mensch nie mit sich selbst zu hundert Prozent im Reinen ist. Denn: Bevor wir reden, spricht unsere "Innere Pluralität" - innere Stimmen, die mehr oder weniger deutlich ihr Recht auf Aufmerksamkeit fordern. Je nachdem wie unsere inneren Stimmen miteinander kommunizieren, verfügen wir über ein "inneres Team" oder aber über innere Missstimmigkeiten, die - wie echte Teams - nicht erfolgreich miteinander arbeiten können. Ähnlich wie bei realen Teams eine effiziente Arbeit bei Dauerkonflikten nicht möglich ist, so können wir bei einer zerstrittenen inneren Pluralität nicht vernünftig kommunizieren.

Durch seine einnehmenden Formulierungen wird Friedemann Schulz von Thun nie langweilig, voller Spannung blättern wir zur nächsten Seite, um Neues zu erfahren aus dem Bereich der Kommunikationspsychologie. Jeder, der sich für die psychologischen Seiten der Kommunikation interessiert, jeder, der seine Kommunikation störungsfrei gestalten möchte, sollte das Werk "Miteinander reden, Band 1-3" lesen!

SCHULZ VON THUN, Friedemann: Miteinander reden Bd. 1-3. Sonderausgabe.
Hamburg: Rowohlt, 2006.


Bastian Sick, Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. Band 1-3

Sind Sie überzeugt, gutes Deutsch zu sprechen? Denken Sie, gravierende Fehler machen nur die Anderen? Sie wissen genau, ob etwas sinnvoll ist oder Sinn macht? Oder gehören Sie vielleicht doch zu denen, die lieber geschockt sind als schockiert und Kommas einfach, irgendwo, setzen? Dann sind die vorliegenden drei Bände des Spiegel Online-Redakteurs genau richtig für Sie. Ähnlich wie Wolf Schneider in seinem Buch "Deutsch für Profis" nimmt Sick Zweifelsfälle der deutschen Sprache aufs Korn. Er tut dies auf eine derart amüsante Art und Weise, dass es niemals langweilig wird. Band eins und Band zwei liest man durch wie einen Roman, nicht ohne von Zeit zu Zeit eine gewisse Schadenfreude zu empfinden, welch' dumme Fehler andere doch machen. Kurz danach wird diese Schadenfreude jedoch wahrscheinlich eingedämmt werden, weil Sick es schafft, Fehler aufzudecken, die man leider selbst in aller Unwissenheit gemacht hat. Lernen kann hier (fast) ein Jeder und durch die Sick eigene Heiterkeit wird es niemandem schwer gemacht, den einen oder anderen Fehler vor sich selbst oder Freunden, Kollegen ... zuzugeben.
Band zwei stellt den Leser abschließend auf eine teilweise schwere Probe. Wer beim Lesen des Buchs die zitierten Fehler noch mit einer gewissen Häme gelesen hat, wird hier beweisen müssen, dass seine Deutschkenntnisse wirklich fundiert und sicher sind. Wohl dem, der sich in aller Stille über die Irrtümer anderer gefreut hat. Zu den Auflösungen des Fragebogens bietet Sick sehr verständliche Erklärungen an, so dass der "Irrgarten der deutschen Sprache" für alle etwas durchlässiger wird.
Im Unterschied zu Wolf Schneiders "Deutsch für Profis" geht es Bastian Sick nicht so sehr im Allgemeinen um den Stil und guten Sprachgebrauch, ihm geht es vor allem um den korrekten Gebrach der deutschen Sprache und die Wahrnehmung verbreiteter Fehler, wie sie überall zu finden sind.
Band eins und zwei sind uneingeschränkt empfehlenswert für Profis und Laien. Allein Band drei ist eingeschränkt zweckmäßig. Hier wird die Liebe zur deutschen Sprache in manchem Fall zur Haarspalterei. Während man die ersten beiden Bände noch mit großer Begeisterung von vorn bis hinten durchliest, kann auch der nach wie vor unterhaltsame Stil des Autors nicht darüber hinwegtäuschen, dass die alltagstauglichen Geschütze bereits aufgefahren wurden. Dennoch: wem die ersten beiden Bücher sehr gut gefallen haben, der liegt auch mit dem dritten Band nicht vollkommen daneben.

SICK, Bastian: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. Ein Wegweiser durch den Irrgarten der deutschen Sprache. 9. Auflage. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2004.
DERS.: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. Neues aus dem Irrgarten der deutschen Sprache. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2005.
DERS.: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod. Noch mehr Neues aus dem Irrgarten der deutschen Sprache. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2006


Wolf Schneider, Deutsch für Profis

Der Gründer und langjährige Leiter der Hamburger Journalistenschule Wolf Schneider weiß als erfahrener Journalist der Welt, des Sterns und der Süddeutschen, wovon er spricht, wenn er mit der These provoziert: "Wer sich aus Funk und Presse informieren will, wird großenteils mit miserablem Deutsch bedient." Wolf Schneider spricht nicht nur Fachleute an, um diesen Makel aus der Presselandschaft Deutschlands zu vertreiben, sondern er wendet sich gleichermaßen an das "ganz normale" Publikum, an den Leser, der ein (fast) perfektes Deutsch sprechen und durch eine schlechte Umgangssprache nicht negativ auffallen möchte. Er sagt selbst: "Ich fange dort an, wo Bastian Sick aufhört (...)", um zu zeigen, dass man trotz korrekter Grammatik die deutsche Sprache vollkommen falsch nutzen kann.

Wer befürchtet, sich im Namen des guten Stils durch ein langatmiges, von grammatikalischen Finessen durchsetztes und dadurch schwer verständliches Buch quälen zu müssen, den belehrt Wolf Schneider bereits mit der Wahl seines Eingangszitats von Karl Kraus eines Besseren: "Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." Bereits hier greift Schneider eine der großen Untugenden der Rhetorik auf, nämlich zu reden, ohne etwas zu sagen zu haben.

Mit ebenso scharfsinniger wie oftmals scharfzüngiger Ironie, aber immer amüsant und mit Recht, bewertet und korrigiert Schneider Fehler und scheut sich nicht, die Quellen dieser sprachlichen Unachtsamkeiten zu benennen.

Schneider geht es keineswegs um das Anprangern stilistischer, grammatikalischer und semantischer Fehler, sondern er möchte helfen, diese Defizite zu vermeiden. Dies tut er in seinem Kapitel "Wie man gut, interessant und verständlich schreibt" genauso wie in den folgenden, in denen er die Flut der Adjektive beschreibt und Gegenmittel nennt: "(...) jedes gestrichene (Adjektiv) als einen Gewinn betrachten und ein schlechtes Gewissen gegenüber jedem Satz haben, der mehr als ein Adjektiv enthält." Er hilft mit Erklärungen dem Leser bei der Anwendung der richtigen Tempi, verlangt nach mehr Verben anstelle von Substantiven, plädiert darüber hinaus nicht nur für kurze Sätze, sondern sogar für kurze Worte ("Je kürzer ein Wort, desto rascher trifft es seine Sache und unseren Sinn"), und beklagt den übermäßigen Umgang mit Fremdwörtern.

Im letzten Unterkapitel "Schludereien und Marotten" gibt er dem Leser eine Liste mit  "Fehlern, Blähungen, Anglizismen, Zunftjargon, ausgeleierten Floskeln, abgewetzten Modewörtern und anderen Unsitten (...)" und weist mit Nachdruck darauf hin, dass diese Liste als ein Prozess, verbunden mit einer Einladung zu Kritik, Widerspruch und Ergänzung verstanden werden möchte. Hier zeigt sich einmal mehr Schneiders Befähigung zum Lehrer der Sprache, weiß er doch, dass nur die kritische Beschäftigung mit unserer Sprache zu einer korrekten und dennoch lebhaften Sprache führen kann. Trotz seines Alters hat dieses Buch nichts von seiner Richtigkeit und Aktualität verloren.

Dieses Buch möchte ich mit Nachdruck all' jenen empfehlen, die sich manchmal im Dschungel des sicheren Stils und der sicheren Grammatik verirren und denen, die sich - ob freiwillig oder beruflich - viel mit der deutschen Sprache beschäftigen müssen und/oder wollen.

SCHNEIDER, Wolf: Deutsch für Profis. Wege zu gutem Stil. München: Goldmann, 1986


Samy Molcho, Alles über Körpersprache

Achtung, der Körper spricht mit! Unter diesem Motto könnte das vorliegende Buch, das schon fast in die Kategorie Bildband passt, geschrieben worden sein.

Samy Molcho, erfahrener Pantomime und Spezialist auf dem Gebiet "Körper-sprache", beantwortet in seinem Werk zunächst allgemeine Fragen zur Körpersprache. Nach diesem ausführlichen Abriss differenziert er angeborene und soziale Körpersignale, analysiert die Körpersprache von Männern und Frauen, spricht über die Authetizität eines Menschen durch seine Körpersprache, über die Tatsache, dass unser Gefühl sich seinen Kanal über den Körper sucht und dieser unsere Aussagen Lügen strafen kann und ordnet im letzten Kapitel den Körperteilen die jeweilige Kommunikationsmöglichkeit zu.

Molcho vergleicht die Auseinandersetzung mit der Sprache unseres Körpers mit dem Erlernen einer neuen Sprache, die Kenntnisse über die Ausdrucksfähigkeit einzelner Körperteile mit dem Einstudieren der Vokabeln dieser neuen Sprache.
Wobei er nicht nur eigentliche Körperteile sprechen lässt, sondern sogar unserem größten Organ, der Haut, ihre Kommunikationsaufgabe zuspricht. Die Haut, ein jeder weiß das, reagiert auf positive und negative Reize ohne unser Zutun und ist somit ein biologisches Signal. Interessant ist dieser Abriss allemal, meiner Meinung nach jedoch für die Körpersprache nur von marginaler Bedeutung. Was es alles bedeuten kann, wenn unser Gesprächspartner errötet, wusste der Leser sicherlich auch ohne das Studium dieses Abschnitts, ebenso wie die Tatsache, dass Körper- und somit Hautkontakt für die Beziehung zwischen Eltern und Kindern wichtig ist.
Zu den "sprechenden" Körperteilen zählt Molcho die Füße (Fluchtreaktion und Fluchtbewegung), die Knie (Schwäche körperlicher Art), die Beine (Art und Weise des Gehens), das Becken (Zentrum der körperlichen Schwerkraft), Brustkasten (Energiespeicher des Körpers), Bauch (instinktiv geschützter Körperteil), Hals und Nacken (wichtiger Bewegungsapparat für den Überblick), Schultern und Rücken (signalisieren Last bzw. Leichtigkeit), der Kopf (Sitz der Mimik), Auge und Ohr (Informationsträger), die Wangen (Übertragungsfeld zwischen Augen und Mund), Nase und Mund (Zeichensetzung schlechten oder guten Geschmacks) und schließlich die Hände und Arme (offensichtliche Instrumente der Kommunikation durch unterstützende Gestik). 

Die Eingruppierungen in verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten wirken manches Mal bemüht und weit hergeholt.  Wenn Sie jedoch diesen Abschnitt trotz eventuell auftretender Skepsis  lesen, werden Sie einige wertvolle Tipps erhalten, die Ihnen helfen können, die zwischenmenschliche Kommunikation störungsfreier zu gestalten. Viele Hinweise sind uns im Diffusen bekannt und Molcho hilft uns, bestimmte Reaktionen zu verstehen. Seine Erläuterungen sind durch anschauliche Fotos ergänzt, in denen Molcho selbst nebst Partnern die beschriebenen körperlichen Äußerungen nachstellt.

Mit dem  Buch hat der Leser die Möglichkeit, sich selbst bewusster darzustellen und seine Mitmenschen zu beobachten. Mir allerdings fehlt der zwingend notwendige Hinweis zur Vorsicht und ich halte eine gesunde Skepsis beim Lesen für ratsam. Nicht immer bedeuten verschränkte Arme eine aufgebaute Mauer zwischen den Gesprächspartnern, nicht immer bedeuten überschränkte Beine Ablehnung, auch wenn sie dem Sprecher zugewandt sind. Manchmal nehmen wir Körperhaltungen aus Gründen ein, die nicht analysiert werden müssen. Manchmal frieren unsere Gesprächspartner einfach, so dass sie die Arme vor sich verschränken und so manches Mal findet ein Gesprächspartner überschlagene Beine wesentlich bequemer als andere Sitzpositionen. Übereilte Analysen hinsichtlich der Körpersprache bergen die Gefahr, dass wir unsere Mitmenschen einschätzen und falsch beurteilen auf der Grundlage unserer vermeintlichen Kenntnisse der Körpersprache. Dieser zur Vorsicht mahnende Aspekt fehlt bei Molcho vollkommen.

MOLCHO, Samy: Alles über Körpersprache. Sich selbst und andere besser verstehen. Fotos: Thomas Klinger. 4. Auflage. München: Goldmann, 2001.


Francois Lelord; Christophe André, Der ganz normale Wahnsinn. Vom Umgang mit schwierigen Menschen

Der französische Psychologe François Lelord ist vielen Lesern bekannt durch seine Bücher "Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück" und "Hector und die Geheimnisse der Liebe". In diesen Büchern, mit denen Lelord wochenlang die deutschen Bestsellerlisten anführte, versucht der Autor in nahezu naiv anmutender Sprache die großen Fragen des Lebens zu beantworten. Während in diesen Büchern die Gefahr groß ist, aufgrund der wie ein Märchen erzählten Geschichte sich als Leser infantilisiert zu fühlen, geht Lelord zusammen mit dem Psychologen André in dem vorliegenden Buch anders vor. Immer noch fern ab von unverständlichem Psychologenlatein stellt er hier elf wichtige Persönlichkeitstypen vor, die er keineswegs im Alleingang klassifiziert hat, um so ein neues Modell anpreisen zu können. Er bezieht sich auf die aktuellsten Klassifizierungen der Weltgesundheitsorganisation oder der Amerikanischen Gesellschaft für Psychiatrie und setzt sich damit angenehm von vielen Autoren ab, die auf neue, vermeintlich bessere, Klassifizierungen bauen.

Bevor Lelord und André jedoch beginnen, die einzelnen Persönlichkeiten zu beschreiben, definieren sie sehr deutlich den Begriff Persönlichkeit (Charakter)  und unterscheiden ihn vom Zustand (vorübergehende Verfassung). Sie beschreiben die unterschiedlichen Persönlichkeitsmodelle von der Antike bis heute auch für Laien sehr nachvollziehbar. In die einzelnen Persönlichkeitstypen kann der Leser sich dank der beschriebenen Fallbeispiele sehr gut hineinversetzen. Die entsprechenden Kapitel sind unterteilt in die Beschreibung der Sichtweisen der betreffenden Typen, der Erläuterung, ab wann die Zustände als krankhaft anzusehen sind, der Ursache, dem Nutzen, den eine jede Eigenschaft bei "normaler" Ausprägung hat, Beispielen aus Literatur und Film und schließlich Ratschlägen, was die Mitmenschen im Umgang mit dem jeweiligen schwierigen Menschen tun und was sie besser unterlassen sollten. Jedem Kapitel ist eine Tabelle beigefügt, in dem der Leser die Möglichkeit bekommt, mittels zehn Fragen zu erkennen, ob er selbst Züge der entsprechenden Persönlichkeit hat.
Mit den Ursachen für die Entstehung schwieriger Persönlichkeiten und den möglichen Veränderungen schließt das Buch.

Das Ziel dieses Buches, das in seiner populistischen Schreibart den Zugang zum psychologischen Ansatz sehr leicht macht, ist eindeutig erreicht. Es hilft nicht nur, schwierige Persönlichkeiten im eigenen Umfeld zu erkennen, zu begreifen und mit ihnen besser zurechtzukommen, sondern unterstützt auch jeden Leser, der sich darauf einlässt, "sich selbst besser kennenzulernen und sich zu begreifen", falls der Eine oder Andere in sich die beschriebenen Merkmale der schwierigen Persönlichkeiten erkennen sollten. Zumindest regt dieses Werk zum Nachdenken und zur Reflexion über die eigene Persönlichkeit an.

Die Persönlichkeitstypologien mit ihren Schwierigkeiten, aber auch Vorteilen zu kennen und zu wissen, wie wir mit ihnen konfliktfrei umgehen können, ist ein wesentlicher Vorteil für die störungsfreie Kommunikation, so dass ich dieses Buch sehr empfehlen kann.

ANDRÉ,Christophe; LELORD, François: Der ganz normale Wahnsinn. Vom Umgang mit schwierigen Menschen. 3. Auflage. Berlin: Aufbau, 2008.


Edith Prescott, Lehrbuch der Rhetorik. Das praxisnahe Nachschlagewerk

Die Autorin stellt ihrem Werk eine Gebrauchsanweisung voran. In ihr beschreibt sie ihr Buch als ein Nachschlagewerk und erklärt den sehr einleuchtenden Aufbau des Buchs. Hier helfen Stichworte am Rand bestimmte Themen zu finden, ein breiter Rand lässt Platz für eigene Notizen, Arbeitsblätter helfen dem Leser bei seinen Vorbereitungen auf eine Rede, indem sie helfen, die Gedanken und Ideen zu strukturieren. Bereits der Aufbau des Buches mach klar: hier soll die Praxis gefördert werden.

Die vorangestellten Instruktionen bauen hohe Erwartungen auf, die bereits ein erster Blick in das Inhaltsverzeichnis  erfüllen: Das Lehrbuch der Rhetorik gibt einen umfassenden Einblick in das Metier des Vortrags.

Prescott beschäftigt sich als erstes mit dem großen "Auftraggeber" eines jeden Redners: dem Publikum. Während in vielen Rhetorikbüchern dieser wesentliche Punkt gar nicht oder kaum behandelt wird, setzt sich Prescott detailliert mit dem Publikum auseinander: Wie setzt sich das Publikum zusammen, wie ist die Stimmung, wie groß ist es, wie hoch ist das Durchschnittsalter. Allein hierfür gebührt Prescott ein großes Lob, ist es doch das Publikum, das entscheidet, ob ein Vortrag gut oder schlecht war.  Das nächste große Gebiet befasst sich mit der Methodik der Redevorbereitung. In vielen Büchern vergessen anscheinend die Autoren, dass vor der Rede die Vorbereitung steht. Prescott macht auf die Notwendigkeit, Alass und Redeziel zu definieren, aufmerksam, um so unter Berücksichtigung wesentlicher Redeelemente ein Fundament aufbauen zu können, mit dem Zuhörer überzeugt und/oder gefesselt werden können. Bei allem handwerklichen Rüstzeug kommt auch die Kommunikationspsychologie nicht zu kurz: Körpersprache, so genannte prosodische Stilmittel, kurz: die gesamte nonverbale Kommunikation und ihre Wirkung auf den Gesprächspartner wird zum Thema gemacht. Einzig der größte Feind des Redners, das Lampenfieber ist ein wenig zu kurz gekommen. Zwar findet es im großen Kapitel "Organisation" Erwähnung, der Umfang, mit dem dieses Problem behandelt wird, entspricht jedoch nicht der Beeinflussung, die Lampenfieber auf einen Redner nehmen kann. Mit einem hilfreichen Überblick über mögliche - zumeist visuelle - Hilfsmittel, der die Vorteile und Schwierigkeiten aufzeigt, schließt dieses Buch. Wer es von vorn bis hinten aufmerksam gelesen hat, ist mit Sicherheit gewappnet für den nächsten Auftritt. Aber auch der eilige Leser, der dieses empfehlenswerte Buch wie von der Autorin vorgeschlagen als Nachschlagewerk nutzt, kann sehr von den umfangreichen Informationen und Tipps lernen.

PRESCOTT, Edith: Lehrbuch der Rhetorik. Das praxisnahe Nachschlagewerk.
3. Auflage. Hamburg: Nikol, 2008



Paul Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein


Paul Watzlawick schrieb bereits vor über 20 Jahren dieses Selbsthilfebuch der besonderen Art, das heute eine Auflage von nahezu zwei Millionen Exemplaren erreicht hat.
Der Markt mit Selbsthilfebüchern aller Art boomt, wir können einfach nachschlagen und wissen, was wir tun müssen, um erfülltere, strukturiertere, wahlweise unstrukturiertere, dafür freiere, glücklichere, kreativere und mental stabilere Menschen aus uns zu machen. Paul Watzlawick erkennt hingegen mit einem Augenzwinkern, dass nur der unglückliche Mensch ein wahrhaft lebendiger Mensch ist. Wie können wir uns also dazu bringen, unglücklich zu sein? Watzlawick hält profunde, doch einfache Hilfsmittel bereit. Wir benötigen lediglich unsere eigene Einstellung, um aus einem glücklichen, aber langweiligen Durchschnittsmenschen einen ewig unzufriedenen, dafür nicht mehr im Morast des Durchschnittlichen versinkenden Pechvogel zu machen.


Stecken Sie auch im Straßenverkehr grundsätzlich vor roten Ampeln fest? Halten Sie auch stur an Lösungen fest, die vor geraumer Zeit einmal zum Erfolg führten, und verachten Sie eine scheinbar notwendige  Anpassung an gegebene Umstände? Dann gehören Sie zu den fortgeschrittenen Lesern, die sich dennoch anhand von fünf Übungen und einiger Fallbeispiele zu Experten des Unglücklichseins emporschwingen können.

Viele Geschichten sind inzwischen Allgemeingut geworden. Wir alle können dieses Buch mit einer großen Portion Humor, aber auch Schrecken und Einsicht lesen. Denn die Erkenntnis, auch den Weg des Unglücklichseins zu beschreiten, sich den Alltag unerträglich zu machen und das Triviale zu wichtig zu nehmen, ist beunruhigend.

Sollten Sie also das nächste Mal genau in der Schlange vor der Kasse stehen, in der die Kassiererin umständlich die Kassenrolle auswechseln muss, tragen Sie es mit Humor - allein Ihre Einstellung  entscheidet, ob ausgerechnet Sie immer in der längsten Schlange stehen, oder ob es sich um einen Zufall handelt, wie er jeden treffen könnte. Und wenn Sie das nächste Mal meinen, Sie wüssten, wie Ihr Gesprächspartner reagieren wird - denken Sie an die Geschichte mit dem Hammer, und haben Sie Mitleid mit dem verdutzten Nachbarn.

Wenn Sie nun neugierig geworden sind, wünsche ich Ihnen viel Spaß mit dem kleinen, aber großartigen Buch, das es seit 2007 in einer attraktiven Sonderausgabe gibt.

WATZLAWICK, Paul: Anleitung zum Unglücklichsein.Sonderausgabe.
München: Piper, 2007



Roger Fisher, William Ury, Bruce Patton,
Das Harvard-Konzept.

Das Harvard-Konzept gilt zu Recht als das Standardwerk für erfolgreiches Verhandeln.

In den 70er und 80er Jahren von einer Forschergruppe an der Harvard-Universität entwickelt hat es bis heute seine Aktualität nicht verloren. Konfikten begegenen wir gleichermaßen im Privatleben wie im Beruf.Immer wieder. Das Harvard-Konzept bietet eine umfassende Hilfe für alle denkbaren Verhandlungssituationen. Grundlegender Aspekt ist, den Konflikt von der Person zu lösen und nicht die Positionen, die hinter einem Konflikt stehen, sondern die jeweiligen Interessen in den Mittelpunkt der Verhandlung zu stellen. Wenn Sie dann in der Lage sind, vor der Entscheidung unterschiedliche Wahlmöglichkeiten zu entwickeln, sie nicht vorschnell zu bewerten und unter objektiven Gesichtspunkten - unabhängig von Ihrer Position - zu betrachten, sind Sie in Ihrem Konflikt ein großes Stück weiter. Denn so besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass Sie einen Verhandlungserfolg erzielen, der sowohl für Sie als auch für Ihren Konfliktpartner befriedigend ist.

Der viel zitierte Ausspruch "Verhandeln Sie hart in der Sache und weich gegenüber den Menschen" zeigt das Streben nach konstruktiver, auf beiden Seiten zufriedenstellender Konfliktlösung.

Aufgrund vieler Beispiele ist das Harvard-Konzept sehr gut zu lesen und veranschaulicht darüber hinaus deutlich die wesentlichen Grundzüge der vorgestellten Verhandlungsmethode. DIeses Konzept basiert nicht auf manipulativen Tricks, vor denen wir beim Lesen des Buches Angst haben könnten, jemand anders könne sie auf uns anwenden. Nein, jeder Leser kann sich wünschen, dass noch mehr Menschen sich diese Verhandlungsmethode aneignen, so dass in Zukunft Konflikte besser gelöst werden können, wobei es egal ist - auch das zeigen die Autoren in aller Deutlichkeit - ob es sich um Konflikte im privaten Bereich oder im Weltgeschehen handelt.

Wie Ulrich Egger, der Verfasser des Vorworts zur 22. deutschen Auflage mit Recht sagt:
"Das Harvard-Konzept schärft die Wahrnehmung zum Verhandlungsprozess, und die damit verbundene Bewusstseinserweiterung ist ein erster, wichtiger Schritt zur Festigung der Verhandlungskompetenz."


Marshall Rosenberg, Konflikte lösen durch gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriele Seils

Der Konfliktmediator und Gründer des internationalen Center for Nonviolent Communication Dr. Marshall B. Rosenberg hat die Gewaltfreie Kommunikation als Werkzeug für eine störungsfrei laufende Kommunikation entwickelt.Rosenberg ist hier im Gespräch mit Gabriele Seils, einer Journalistin, Mediatorin und Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation.
Das Interview vermittelt Einblicke in die Gedanken der Gewaltfreien Kommunikation, es möchte darstellen, dass erst eine empathische, d.h. einfühlende und wertungsfreie Haltung mit sich und anderen Menschen ein besseres Miteinanderleben ermöglicht. Es handelt sich also anscheinend nicht "nur" um eine weitere Kommunikationstechnick, sondern vielmehr um eine angestrebte Verbesserung der eigenen Lebensqualität. 

Um die Gewaltfreie Kommunikation bildhaft darstellen zu können, bedient sich Rosenberg des Bildes von der Giraffen- und der Wolfssprache und entsprechenden Giraffen- und Wolfsohren.

Die Wolfssprache ist gekennzeichnet durch Kritik und Bewertung, die Giraffensprache hingegen ist die "Sprache des Herzens". Hier regt sich in meinem Herzen eben das, was ich laut Gewaltfreier Kommunikation nicht darf: Ich kritisiere sogleich diese Unterscheidung zwischen Wolfssprache = böse, Giraffensprache = gut. Macht Rosenberg mit diesem Gegensatz nicht selbst den Fehler der Bewertung, tappt er nicht in die eigene Falle???

Sicherlich wäre es für viele Menschen gut, nicht so oft und nicht so schnell zu bewerten, einfach die Handlungen der Anderen unbewertet stehen zu lassen. Diese Forderung halte ich für mehr als gerechtfertigt. Aber dann lese ich, dass auch ein Lob nicht zu der Gewaltfreien Kommunikation gehört. Das ist mir zu allgemein. Der Ansatz Rosenbergs ist der, dass hinter einem Lob eine Kritik steckt. Ich lobe dich für eine Handlung, für die ich dich, hättest du diese Handlung unterlassen, kritisieren müsste. "Ich finde es toll, dass du dein Zimmer aufgeräumt hast, ich fände es schlecht, hättest du es nicht getan". Das ist zwar rational nachvollziehbar, aber ist es darum schlimm? Leser von Schulz von Thun und Watzlawick wissen, dass die meisten Kommunikationsstörungen entstehen, weil man seine Bedürfnisse verschweigt. Aus welchem Grund darf ich dann nicht - auf rücksichtsvolle Weise, versteht sich - vermitteln, was mir gefällt und was nicht? Selbstverständlich darf ich mit einem solchen Lob nicht die Person, sondern ausschließlich das Handeln bewerten. Diese notwendige Differenzierung fehlt bei Rosenberg. Wenn ich vermittele, "ich finde es gut, dass du dein Zimmer aufgeräumt hast, hättest du es nicht getan, wäre ich ärgerlich, dennoch wärst DU mir aber noch genau so viel wert.", sehe ich daran nichts Negatives.

Kinder dürfen bei Rosenberg selbst entscheiden. Auch diese Ansicht ist zunächst sehr plausibel und überzeugend - wie schön, wenn Kinder und ihre Bedürfnisse ernst genommen werden. Er selbst setzt seine Forderungen sehr konsequent um, wie uns Beispiele im Umgang mit seinen eigenen Kindern verdeutlichen. Sein Sohn möchte mit 14 Jahren ohne Abschluss die Schule verlassen? Aber ja doch, wer sind wir denn, dass wir bewerten dürfen, ob dieser Wunsch für den Jungen falsch ist? Also unterstützt er seinen Sohn sogar bei dem Kampf um die Befreiung der Schulpflicht.
Seine Kinder wollen in jungen Jahren nicht zu der Uhrzeit ins Bett, die der Vater zunächst für angemessen hält? Kein Problem, sollen sie für sich entscheiden, wann sie ins Bett wollen.
Hier stelle ich mir die Frage: Brauchen Kinder nicht Regeln, die aus Liebe gesetzt werden und auf Erfahrungen der Eltern beruhen, um eine Festigkeit zu bekommen, die ihnen Sicherheit gibt? Eine Art Geländer, an dem sie sich festhalten können? Ist das nicht die Verantwortung, welche die Eltern übernehmen müssen?
Trotz aller Versuche meinerseits, mich mit Kritik und Bewertung wenigstens für die Dauer des Lesens zurückzuhalten, muss ich mich jetzt zwingen, das Buch nicht in die Ecke zu schmeißen.

Aber auch für Erwachsene halte ich die Gewaltfreie Kommunikation nur für bedingt geeignet. Ganz sicher teile ich die Ansicht, dass man Bewertungen und Kritik mit Vorsicht genießen soll. Was für mich gut ist, muss für den Anderen nicht richtig sein. Über ein gewisses Maß an Vorsicht geht für mich diese Forderung jedoch nicht hinaus: ich möchte bestimmte Dinge kritisieren dürfen, in einer geeigneten, angemessenen Art und Weise und mich nicht dafür beschuldigen lassen müssen, nun nicht gewaltfrei zu kommunizieren. Werde ich nicht hier kritisiert? Denn der Begriff "gewaltfrei" ist doch sicherlich Bewertung genug...


Für einen bewussteren und konfliktvermeidenden Umgang mit der Sprache empfehle ich noch immer Schulz von Thun, der wesentlich unkomplizierter und weniger dogmatisch ist als Marshall Rosenberg.

ROSENBERG, Marshall B.: Konflikte lösen durch Gewaltfreie Kommunikation. Ein Gespräch mit Gabriele Seils. 11.Auflage. Freiburg: Herder, 2009.